Prof. Wolfgang Kaiser

Am 20.10.2023 starb Prof. Wolfgang Kaiser im Alter von 98 Jahren. Er war einer der Pioniere der Laser- und Ultrakurzzeitphysik und wirkte als Ordinarius an der Technischen Universität München.

Wolfgang Kaiser wurde am 17. Juli 1925 in Nürnberg geboren und studierte ab 1943 – mit Unterbrechung durch seinen Dienst in der Wehrmacht – an der Ludwig-Maximilians-Universität Physik. 1952 wurde er in Erlangen bei Rudolf Hilsch zum Thema „Eine neue Lichtabsorption von Silberhalogeniden“ promoviert und ging danach als Post-Doc zur Purdue University in den USA, um Halbleiter mittels Infrarot-Spektroskopie zu untersuchen. Ab 1954 war er bei den US Army Signal Corps Engineering Laboratories in Fort Monmouth und studierte Verunreinigungen, insbesondere Sauerstoff in Silizium – Ergebnisse, die das Tor für die Entwicklung der modernen Halbleitertechnologie öffneten. Von 1957 bis 1964 forschte Kaiser bei den Bell Laboratories in Murray Hill. In Jahr 1960 gelang es hier den vom Maiman kurz zuvor in einer Pressekonferenz vorgestellten Rubinlaser so zu realisieren, dass dieser die heute für einen Laser typischen Grundeigenschaften wie geringe Divergenz und spektrale Bandbreite aufwies. Zusammen mit C. G. B. Garrett entdeckte Kaiser im Jahr 1961 die Zweiphotonenabsorption, die breite Anwendungen von der Physik bis in die Medizin gefunden hat.

An die damalige TH München wurde Wolfgang Kaiser 1964 als Ordinarius für Experimentalphysik berufen. Er gehörte zur Gründergeneration des damals neu eingerichteten Physik-Departments und etablierte eine international renommierte Arbeitsgruppe zur Laserphysik und -spektroskopie. Dabei leistete er Pionierarbeit in der Entwicklung von Pikosekunden-Lasern und der Nutzung optisch-parametrischer Prozesse zur Erzeugung abstimmbarer ultrakurzer Impulse. Neue spektroskopische Methoden wurden eingeführt. So wurde der kohärente Ramaneffekt entdeckt und zur zeitaufgelösten kohärenten Ramanspektroskopie weiterentwickelt. Diese methodischen Errungenschaften nutzte er für die spektroskopische Untersuchung ultraschneller Phänomene auf der Pikosekunden- und später Femtosekunden-Zeitskala. Zu nennen sind die Phasen- und Energierelaxation von Molekül- und Gitterschwingungen in kondensierter Materie, die Charakterisierung chemischer Elementarreaktionen, die Aufklärung der Primärprozesse der bakteriellen Photosynthese von Bakteriorhodopsin und Reaktionszentren sowie schnellste Relaxationen in Halbleitersystemen.

Wolfgang Kaiser emeritierte 1993, aber sein Einfluss auf die Laserphysik in Deutschland blieb. Im Rückblick war er maßgeblich daran beteiligt, die Laserphysik nach Deutschland zu bringen und mit über 240 Publikationen zu etablieren. Bis zuletzt war er hochinteressiert an den neuesten Entwicklungen der Laserphysik und Spektroskopie.

Der Austausch mit seinen Mitarbeitern und ihre Förderung waren Wolfgang Kaiser besonders wichtig. In seiner Arbeitsgruppe herrschte ein sehr offenes und konstruktives Arbeits- und Diskussionsklima. Er nahm sich viel Zeit für seine Diplomanden und Doktoranden, die er ermunterte, eigene Ideen zu entwickeln und Neues auszuprobieren. Dies führte oft zu unerwarteten Erkenntnissen, die dann auf langen Spaziergängen diskutiert wurden. Viele seiner Schüler wurden später selbst Leiter von Lehrstühlen oder Instituten in ganz Deutschland.

Auch in seinem Privatleben war Wolfgang Kaiser bis ins hohe Alter äußerst aktiv. Hervorzuheben ist seine ausgeprägte Liebe zur bildenden Kunst. Er war regelmäßiger Gast in den Münchener Museen und nahm dorthin gerne Personen aus seinem wissenschaftlichen Umfeld mit, um ihnen die verschiedensten Aspekte nahe zu bringen. Er war besonders interessiert an der Geschichte und an der Kunst der Impressionisten und des Blauen Reiters. Eine lebenslange Passion galt den Bergen. So war er im Alter von über 80 Jahren in der Lage, an einem Tag vom Eibsee auf den Gipfel der Zugspitze zu steigen und erzählte oft begeistert von seinen Erlebnissen. Bis vor Kurzem wanderte er regelmäßig in den bayerischen Voralpen.

Wolfgang Kaiser war mehrfacher Ehrendoktor und Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, der National Academy of Sciences der Vereinigten Staaten und der Academia Europaea sowie Träger des Maximiliansordens für Wissenschaft und Kunst. Er wurde mit dem Max-Born-Preis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) und des britischen Institute of Physics, dem Lippincott Preis der Optical Society of America und der Stern-Gerlach-Medaille der DPG ausgezeichnet.

Mit Wolfgang Kaiser haben wir unseren Lehrer und Freund verloren, dessen Andenken wir stets in Dankbarkeit bewahren.

Reinhard Kienberger, Alfred Laubereau, Alfred Leitenstorfer, Thomas Elsässer, Wolfgang Zinth