Geschichte des Physik-Departments der TUM
Die Wurzeln des heutigen Physik-Departments der TUM reichen bis zur Gründung der Polytechnischen Schule München im Jahr 1868 zurück. Diese wurde 1877 in Technische Hochschule München (THM) umbenannt und erhielt 1970 schließlich den heutigen Namen Technische Universität München (TUM). Zeitgleich mit der Gründung im Jahr 1868 wurde das Physikalische Institut ins Leben gerufen, das ursprünglich den Namen Physikalisches Cabinet trug. Parallel dazu war die Technische Physik von Anfang an ein besonderes Anliegen. Auf Initiative von Carl von Linde (1842–1934), einem bedeutenden Industriellen und Ehrenprofessor an der THM, wurde 1902 das Laboratorium für Technische Physik gegründet. Erst 1943 wurde zudem ein eigenständiges Institut für Theoretische Physik gegründet. Diese drei Institute wurden schließlich 1965 zusammengeführt und zum Physik-Department ausgebaut, dessen grundlegende Struktur und Organisation bis heute bestehen. Die erfolgreiche Entwicklung von Forschungsinstituten und Fachrichtungen hängt vom Weitblick einzelner Persönlichkeiten ab – und die Geschichte der Physik an der TUM ist durch viele solcher Persönlichkeiten geprägt.
Der erste Direktor des Physikalischen Cabinets war Wilhelm von Beetz (1822–1886), der das Institut von 1868 bis 1886 leitete. Er war ein ausgezeichneter Lehrer und verfasste unter anderem den bekannten „Leitfaden der Physik“. Sein Nachfolger war Leonhard Sohncke (1842–1897), der das Institut von 1886 bis 1897 leitete. Er war ein Pionier in der mathematischen Beschreibung kristalliner Strukturen. Die Entdeckung des Konzepts der Raumgruppen durch die Ergänzung von Schraubachsen und Gleitspiegeln zu den 32 Kristallklassen ist eines seiner bedeutenden wissenschaftlichen Verdienste. Auf ihn geht auch die Idee zurück, ein gemeinsames Kolloquium der Physiker der THM und der Universität München einzuführen – das sogenannte „Sohncke-Kolloquium“.
Die THM verdankt ihre besondere Tradition in der physikalischen Lehre Sohnckes Nachfolger Hermann Ebert (1861–1913), der das Institut von 1898 bis zu seinem Tod im Jahr 1913 leitete. Er führte unter anderem experimentelle Übungen in die Ausbildung von Physik- und Ingenieurstudenten ein. Seine Forschung galt hauptsächlich der Geophysik, insbesondere der atmosphärischen Elektrizität. Seine Experimente zur kosmischen Strahlung mithilfe von Freiballons können als Vorläufer der modernen Kern- und Astrophysik betrachtet werden.
Eine weitere bedeutende Persönlichkeit jener Zeit war Robert Emden (1863–1940), seit 1907 außerordentlicher Professor und ab 1920 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1933 floh er vor den Nationalsozialisten in die Schweiz. Wissenschaftlich arbeitete er auf dem Gebiet der Meteorologie. Sein Buch „Gaskugeln – Anwendungen der mechanischen Wärmetheorie auf kosmologische und meteorologische Probleme“ (1907) wurde ein Klassiker der Astrophysik.
Nach dem frühen Tod Eberts übernahm Jonathan Zenneck (1871–1959) im Jahr 1913 die Leitung des Instituts und behielt diese bis 1936. Seine experimentelle Forschung war der drahtlosen Signalübertragung gewidmet, einem Gebiet, das er bereits als Assistent von Ferdinand Braun in Straßburg aufgegriffen hatte. Neben zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen führte seine Pionierarbeit auch zu diversen Patenten und praktischen Anwendungen. Ein weiteres Forschungsgebiet war die Ionosphäre. Zenneck gilt als Vater der Ionosphärenforschung in Deutschland und etablierte mit der Versuchsstation am Herzogstand ein Zentrum dieser Wissenschaft. Früh erkannte er die Bedeutung dieser jungen Disziplin für Geophysik und Astrophysik und organisierte ein großes Netz von Ionosphärenstationen in Mitteleuropa.
Zenneck besaß auch organisatorischen Weitblick. Er war es, der die Initiative zum Bau des berühmten großen Physikhörsaals an der THM in der Arcisstraße ergriff – heute Carl-von-Linde-Hörsaal –, der mit 860 Sitzplätzen zu den größten Hörsälen Deutschlands zählte und bis heute für Vorlesungen und Veranstaltungen genutzt wird. 1933 folgte Zenneck Oskar von Miller als Vorsitzender des Verwaltungsrats des Deutschen Museums. Dank seiner scheinbar unerschöpflichen Energie und Begeisterung konnte das Museum nach dem Zweiten Weltkrieg in seinem alten Glanz wiederhergestellt werden.
1939 wurde Rudolf Tomaschek (1895–1966) als Nachfolger Zennecks berufen. Er war ein Experimentalphysiker, bekannt durch seine vollständige Überarbeitung von Grimsehls „Lehrbuch der Physik“ (1929). Auf dem Gebiet der Geophysik erlangte er durch seine gravimetrischen Arbeiten internationale Anerkennung. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er 1945 seines Amtes enthoben, und das Physikalische Institut war nahezu vollständig zerstört.
Am 1. September 1946 übernahm Georg Joos (1894–1959) als Professor für Experimentalphysik die Leitung des Instituts. Bis 1941 war er Professor für Physik an der Universität Göttingen, wo er sowohl theoretisch als auch experimentell arbeitete. Sein Buch „Theoretische Physik“ wurde ein weithin genutztes Lehrbuch für Generationen von Physikstudierenden. Ab 1941 war er als führender Physiker und wissenschaftlicher Berater im Vorstand von Carl Zeiss in Jena tätig und hielt über eine Honorarprofessur den Kontakt zur akademischen Welt. Zwischen 1947 und 1949 lebte er in den USA und widmete sich anschließend mit großem Enthusiasmus dem Wiederaufbau des Instituts.
Sein Aufenthalt in den USA hatte sein Bewusstsein für die zukünftige Rolle der Physik an der THM geschärft. Er setzte neue Impulse, indem er seinen Einfluss geltend machte, um 1952 den Kernphysiker Heinz Maier-Leibnitz als Nachfolger von Walther Meißner zum Direktor des Instituts für Technische Physik zu berufen.
Kurz vor seinem Tod im Jahr 1959 schrieb Joos folgende Worte:
„Heute ist der Stolz und die Freude der Technischen Hochschule das Laboratorium für Technische Physik, das früher ganz der Thermodynamik gewidmet war. Es herrschte wenig Verständnis, als 1952 auf Vorschlag der Physiker ein Kernphysiker zum Direktor des Instituts berufen wurde. Das war der Beginn eines Prozesses, in dem sich die Technische Hochschule München zu einem Zentrum der reinen und angewandten Kernphysik entwickelte. Vergleicht man jedoch die Physik in München mit drei Instituten und drei ordentlichen Professoren mit amerikanischen Instituten in Bezug auf Ausstattung und Personal, so ergibt sich ein Verhältnis von 1:10.“
Es ist bedauerlich, dass Georg Joos die Entwicklung der Physik an der THM in den 1960er Jahren nicht mehr miterleben konnte – insbesondere die Gründung des Physik-Departments im Jahr 1965, als das Physikalische Institut, das Institut für Technische Physik und das Institut für Theoretische Physik zusammengeführt wurden und das Spektrum der Aktivitäten erheblich erweitert wurde.

Das Institut für Technische Physik wurde im Jahr 1902 gegründet. Die besondere Bedeutung der Technischen Physik besteht seit der Gründung der Polytechnischen Schule fort. Viele bedeutende Persönlichkeiten begleiten seine Geschichte, die in Carl von Linde (1842–1934) ihren Höhepunkt findet. Er nutzte gegen Ende des 19. Jahrhunderts seinen Einfluss, um das Laboratorium für Technische Physik zu schaffen. In Zusammenarbeit mit Walter von Dyck (1856–1934), Professor für Mathematik und damals Rektor der THM, beschaffte er die nötigen Mittel für dieses neue Labor. Von Linde bestand darauf, dass das Labor von einem jungen Physiker geleitet wird, der die technologischen Bedürfnisse des Labors versteht und zugleich eine exzellente Ausbildung der Ingenieurstudenten in Physik und Technik garantiert. Der Physiker Oscar Knoblauch (1862–1946) erfüllte von Lindes programmatische Anforderungen und leitete das Institut 32 Jahre lang. Der Arbeitsschwerpunkt von Knoblauch und seinem Team lag naturgemäß auf der Bewältigung ingenieurtechnischer Herausforderungen im Zusammenhang mit der Thermodynamik. Dazu gehörten zum Beispiel der Joule-Thomson-Effekt, Strömungsphänomene, Wärmetransport oder allgemein die Fragen der praktischen Thermodynamik, die in Verbindung mit Lindes Kältetechnik und Luftverflüssigung standen. Weitere angewandte Forschungsgebiete waren der Schallschutz und die Wärmedämmung von Gebäuden.
Dank Knoblauch entstand ein wissenschaftliches Umfeld, das den Ingenieurstudenten eine ausgezeichnete Ausbildung in reiner sowie experimenteller und technischer Physik ermöglichte. Es ist kein Zufall, dass Wilhelm Nusselt (1883–1957), einer von Knoblauchs besten Schülern, von 1925 bis 1952 das Institut für Theoretische Maschinenlehre als Professor für Thermodynamik leitete.
Unter sehr schwierigen Umständen übernahm Walther Meißner (1882–1974) 1934 dieses Institut. Er gilt als Vater der Tieftemperaturphysik in Deutschland. Bei seiner Ernennung war er bereits ein berühmter Wissenschaftler, da er 1933 den sogenannten Meißner-Ochsenfeld-Effekt entdeckt hatte (ein magnetisches Feld wird stets aus dem Inneren eines supraleitenden Materials verdrängt). Während seiner Leitung verlagerte sich der Schwerpunkt des Instituts zunehmend auf die Physik bei tiefsten Temperaturen, einschließlich der Entwicklung der notwendigen Kühl- und Messprinzipien.
Die Physikalisch-Technische Reichsanstalt in Berlin wurde im Krieg zerstört, und die Bayerische Staatsregierung war gezwungen, 1946 ein eigenes Institut dieser Art einzurichten, das dem Institut für Technische Physik angeschlossen wurde. Walther Meißner war von 1946 bis 1950 Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Auf seine Initiative wurde 1946 die Tieftemperaturphysik-Abteilung ausgegliedert und als neue Kommission und Institut der Akademie in Herrsching etabliert.
Das wichtigste wissenschaftliche Ergebnis dieses Instituts war 1961 die Entdeckung der magnetischen Flussquantelung (fluxoid quantization) durch Robert Doll (*1923) und Martin Näbauer (1910–1962). Dieses Ergebnis bildete die wesentliche experimentelle Grundlage für die neue Theorie der Supraleitung, die sogenannte BCS-Theorie.
Inzwischen wurde das Institut als Walther-Meißner-Institut bekannt und befindet sich seit 1966 auf dem Forschungscampus Garching in unmittelbarer Nähe zum Physik-Department. Die Direktoren sind zugleich Mitglieder der Fakultät des Departments.

Wie bereits erwähnt, übernahm Heinz Maier-Leibnitz (1911–2000), ein Kernphysiker von der Universität Heidelberg, 1952 das Institut für Technische Physik nach dem Ruhestand von Walther Meißner. Damit war der Übergang von der technischen Physik des 19. Jahrhunderts, deren Hauptaugenmerk auf der Thermodynamik lag, hin zur technischen Physik des 20. Jahrhunderts vollzogen. In dieser diente die Kernphysik als technische Grundlage für die Atomenergie, aber auch Kernverfahren wurden in vielen verschiedenen Bereichen angewandt, insbesondere in der Festkörperphysik.
Maier-Leibnitz initiierte den Bau eines Kernreaktors mit der Vision, Neutronen als vielseitiges Werkzeug für interdisziplinäre Forschungen zu nutzen. Der Forschungsreaktor München (FRM), im Volksmund „Atomei“ oder „Atom-Ei“ genannt, wegen seines eiförmigen Dachs, wurde 1956 in Garching nördlich von München gebaut. Er ging 1957 in Betrieb und bildete den Grundstein für die Entwicklung des gesamten Forschungszentrums Garching. Der Bau dieser Neutronenquelle in so kurzer Zeit wurde dadurch ermöglicht, dass sich hier auf seltene, aber glückliche Weise die Interessen von Wissenschaft und Politik trafen. Die wissenschaftlichen Ergebnisse waren sofort sehr beeindruckend, und innerhalb weniger Jahre wurden zahlreiche neuartige Instrumente und Messtechniken entwickelt. Das Garchinger Atomei wurde schnell zu einem international bekannten Wahrzeichen der Physik. Das hier entwickelte Know-how wurde auch für andere Initiativen exportiert, beispielsweise für den Bau der europäischen Neutronenquelle in Grenoble. Die Beiträge und Initiativen von Maier-Leibnitz waren dabei ebenso wesentlich, und von 1967 bis 1972 war er erster Direktor der Hochfluss-Neutronenquelle (ILL) in Grenoble.
Die angewandte Kernphysik, insbesondere deren Anwendung in der Festkörperphysik, wurde zu einem Forschungsschwerpunkt in Garching und war eines der wenigen Gebiete der Naturwissenschaften, in denen Europa in den Nachkriegsjahren an der Spitze stand. Es war auch die Weitsicht von Maier-Leibnitz, zu erkennen, dass die Physik an der THM neu organisiert und erweitert werden musste, was schließlich zur Gründung des Physik-Departments Mitte der 1960er Jahre führte. Eine erste wesentliche Erweiterung des Fächers erfolgte mit der Berufung von Nikolaus Riehl (1901–1990), der 1955 aus der Sowjetunion nach Deutschland zurückkehrte. Er war ein bekannter Experte auf dem Gebiet der Uranreinigung und trug ab 1957 zum Bau des FRM bei. 1961 wurde er ordentlicher Professor für Technische Physik und konzentrierte seine Forschung auf die Festkörperphysik, insbesondere auf die Physik von Eis und die optische Spektroskopie von Festkörpern.

Das dritte Institut, aus dem das Physik-Department hervorging, war das Institut für Theoretische Physik, das 1943 gegründet wurde. Bereits ein Jahr zuvor wurde Friedrich Sauter auf eine persönliche Professur berufen, er kam aus Königsberg. Josef Lense (1890–1957) übernahm das Institut vorübergehend gegen Kriegsende, bis Gerhard Hettner (1892–1968) 1947 dauerhaft berufen wurde. Sein Forschungsgebiet umfasste Quantenstatistik, Thermodynamik, Festkörperphysik, Molekularoptik, Magnetohydrodynamik und theoretische Plasmaphysik. Als Wilhelm Brenig (*1930) 1961 Hettner nachfolgte, wurde eine zweite theoretische Professur für Wolfgang Wild (*1930, ebenfalls 1961 berufen) geschaffen. Brenig arbeitete hauptsächlich in der theoretischen Festkörperphysik, Wild in der theoretischen Kern- und Teilchenphysik. Wolfgang Wild wurde später Präsident der TUM und bayerischer Wissenschafts- und Kunstminister.
Im selben Jahr, 1961, erhielt Rudolf L. Mößbauer (*1929), ein ehemaliger Schüler von Maier-Leibnitz an der THM, den Nobelpreis für seine Entdeckung der ruckfreien Emission und Absorption von Gammastrahlung in Festkörpern (Mößbauer-Effekt), die zu zahlreichen Anwendungen in Festkörperphysik, Chemie, Biophysik, Medizin und Archäologie führte. Während dieser Zeit arbeitete Mößbauer am California Institute of Technology in Pasadena. Um ihn zurück nach München zu holen, ergriff Maier-Leibnitz die Initiative und schlug zusammen mit seinen Kollegen, den Professoren Brenig, Riehl und Wild, 1962 in einem Memorandum die Gründung eines Physik-Departments vor. Rudolf Mößbauer nahm das Angebot der Bayerischen Staatsregierung an, 1964 aus den USA zurückzukehren, unter der Bedingung, dass das Physik-Department eingerichtet werde.
Das Physik-Department wurde offiziell am 1. Januar 1965 gegründet und ersetzte die drei früheren unabhängigen Institute, nun mit zehn ordentlichen Professoren und der nötigen Unterstützung. Neben Brenig (Ruhestand 1996), Maier-Leibnitz (Ruhestand 1979), Mößbauer (Ruhestand 1997), Riehl (Ruhestand 1969) und Wild (Ruhestand 1987) wurden 1964 drei weitere Professuren geschaffen. Wolfgang Kaiser (*1925, Ruhestand 1993) brachte das neue Gebiet der Laserphysik und zeitaufgelöster Spektroskopie aus den USA mit, Edgar Lüscher (1925–1990) erweiterte die Expertise in der Festkörperphysik bis zu seinem plötzlichen Tod 1990, und Hans-Jörg Mang (*1931, Ruhestand 1992) arbeitete als Theoretiker in der Kernphysik. Klaus Dransfeld (*1926) und Paul Kienle (*1933, Ruhestand 1999) wurden 1965 berufen. Sie erweiterten das Spektrum der Festkörperphysik sowie der Kern- und Teilchenphysik weiter. Dransfeld verließ das Department 1974, um Direktor am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart und Grenoble zu werden. Nach der Gründung des Physik-Departments entwickelte sich das Fachgebiet Physik an der TUM rasch von der nuklearen Festkörperphysik hin zu Kern-, Laser-, Festkörper- und Halbleiterphysik. Ein neues Institutsgebäude wurde in direkter Nachbarschaft zum FRM errichtet, und die meisten Physikgruppen zogen um 1970 nach Garching. Kern- und Teilchenphysik erhielten 1968 mit der Berufung von Herbert Daniel (*1926, Ruhestand 1994) und Haruhiko Morinaga (*1923, Ruhestand 1991) sowie mit der Inbetriebnahme des Tandem-Beschleunigers 1970, einer Einrichtung, die bis heute gemeinsam von der Ludwig-Maximilians-Universität und der TUM in Garching betrieben wird, einen zusätzlichen Schub. Die Festkörperphysik wurde durch Michael Kalvius (*1933, Berufung 1970, Ruhestand 2001) und Georg Alefeld (1933–1995, Berufung 1971) gestärkt. Alefeld initiierte vor seinem frühen Tod 1995 das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE). Ähnlich wurde die theoretische Physik mit Heinz Bilz (1926–1986), der von 1969 bis 1971 nur kurz berufen war, bevor er Direktor am neu gegründeten MPI für Festkörperforschung in Stuttgart wurde, Hartwig Schmidt (*1935), der von 1969 bis 1978 hier arbeitete und dann an die Universität Hamburg wechselte, sowie Pierre C. Hohenberg (*1934), der 1974 zum Physik-Department kam und 1977 zu den Bell Laboratories zurückkehrte, erweitert.
Das große Physik-Department mit relativ kleinen Arbeitsgruppen erwies sich als sehr flexibel bei der Reaktion auf neue Entwicklungen, und im Verlauf der letzten 30 Jahre wurden verschiedene neue Forschungsrichtungen aufgenommen, wie Astroteilchenphysik, Oberflächen- und Grenzflächenphysik, Supraleitung, Halbleiterphysik, Energiewissenschaften und nicht zuletzt Biophysik. Dies wurde zum Teil durch geeignete Nachfolgerregelungen bei Pensionierungen sowie durch Aufspaltung und Erweiterung bestimmter Forschungsbereiche ermöglicht. Einige der Kollegen, die in den 70er und 80er Jahren berufen wurden, sind bereits ebenfalls im Ruhestand. Dazu gehören Wolfgang Gläser (*1933, Berufung 1974, Ruhestand 2001), der „Vater“ der neuen Neutronenquelle FRM-II, Klaus Andres (*1934, Berufung 1980, Ruhestand 1999), Direktor des Walther-Meißner-Instituts für Tieftemperaturphysik, Hans-Joachim Körner (*1934, Berufung 1974, Ruhestand 2002), dessen Hauptinteresse in der angewandten Kernphysik liegt, und Klaus Dietrich (*1934, Berufung 1972, Ruhestand 2002), dessen Forschungsgebiet mit der theoretischen Kernphysik zusammenhängt.
Das breite Spektrum wissenschaftlicher Aktivitäten und der hohe internationale Ruf des Physik-Departments wurden nur durch die vielen Beiträge motivierter Wissenschaftler möglich, geleitet von verschiedenen Assistenz- und außerordentlichen Professoren. Darunter ist auch Klaus von Klitzing (*1943), der von 1980 kurz nach seiner Entdeckung des Quanten-Hall-Effekts bis 1984 Professor am Department war, bevor er eine Direktorenstelle am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart annahm. Die Halbleiterphysik erfuhr einen zusätzlichen Schub, als von Klitzing 1985 den Nobelpreis erhielt. Das Walter Schottky Institut für Grundlagen- und angewandte Forschung in der Halbleiterphysik (WSI) wurde 1987 als zentrales Institut der TUM gegründet, basierend auf Vorschlägen von Frederick Koch und Gerhard Abstreiter aus dem Jahr 1985. Es nahm 1988 nach einer Bauzeit von nur 18 Monaten seinen Betrieb in unmittelbarer Nähe des Physik-Departments auf. Zwei der drei neu geschaffenen Professuren gehören der Physik an, eine der Elektrotechnik, um die Lücke zwischen Grundlagenphysik und Halbleiterbauelementen zu überbrücken. Erich Gornik (*1944) war von 1988 bis zu seinem Wechsel 1992 zur TU Wien am WSI tätig, ebenso Günter Weimann (*1940), der 1995 zum Direktor eines Fraunhofer-Instituts in Freiburg wechselte.
In den 90er Jahren wurde das Physik-Department weiter durch den Bau von Physik II, eine Erweiterung des Physik-Departments, das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE) und schließlich die neue Neutronenquelle Forschungsreaktor München II (FRM-II) erweitert, die voraussichtlich 2003 in Betrieb genommen wird. Das Atomei stellte den nuklearen Betrieb im Jahr 2000 ein, um sich auf die neue Aufgabe am FRM-II vorzubereiten.
In den letzten 40 Jahren wurden in der Nachbarschaft des Physik-Departments mehrere Max-Planck-Institute gegründet, die sich mit Plasmaphysik und Fusion, Astro- und extraterrestrischer Physik sowie Quantenoptik beschäftigen. Es gab stets enge Beziehungen und Kooperationen zwischen diesen Instituten und der Physik an der TUM. Zusammen mit diesen Einrichtungen hat sich der Forschungs-Campus Garching zu einem der größten Zentren für reine und angewandte Physik weltweit entwickelt.
Im Zusammenhang mit der Hochschulreform wurde das Physik-Department in den 80er Jahren formal als Fakultät für Physik mit drei Instituten organisiert. Die tägliche Arbeit in Forschung und Lehre beinhaltete jedoch stets die Idee und den Geist eines Departments. Darüber hinaus erfolgte 1997 eine Reorganisation in eine Departmentsstruktur.
Die Geschichte der Physik an der TUM ist geprägt von der schnellen Entwicklung der Physik im Allgemeinen, besonders in den letzten fünfzig Jahren. Es kann stolz sein auf die hohe Qualität der Lehre, die auch durch die vielen Lehrbücher für Physik und Ingenieurphysik, verfasst von Mitgliedern des Departments, dokumentiert wird, und spiegelt sich auch in den jüngsten Nobelpreisen für ehemalige Studenten wider: Johann Deisenhofer (Chemie 1988), Erwin Neher (Medizin 1991) und Wolfgang Ketterle (Physik 2001). Die Preise für Chemie und Medizin zeigen, dass interdisziplinäre Forschung heute für viele wichtige Errungenschaften unerlässlich ist. Die Physik an der TUM war stets geprägt von ihrer Interaktion und Kooperation mit anderen Disziplinen, auch in der Tradition von Carl von Linde, der früh die Bedeutung der Physik für die Ingenieurwissenschaften erkannte. Die räumliche Trennung erschwerte jedoch oft diese Interaktion in den vergangenen Jahrzehnten. Die jüngste Erweiterung des Forschungs-Campus Garching wird hoffentlich einen positiven Einfluss auf die zukünftige interdisziplinäre Forschung haben. Die Physik wird auch im 21. Jahrhundert eine wichtige Naturwissenschaft sein und für die zukünftige Entwicklung und das Verständnis vieler Probleme von entscheidender Bedeutung sein. Das Physik-Department der TUM ist bereit, diese Herausforderungen zu meistern.